Das Alumnifachnetz für Ingenieurwesen, DCHAN Engineering, gründet auf der engen Kooperation zwischen der RWTH Aachen und der Tsinghua Universität Peking. Die beiden Hochschulen riefen bereits im Jahr 2001 ein gemeinsames Doppelmaster-Programm ins Leben und gehörten damit zu den ersten, die auf eine strukturierte institutionelle Wissenschaftskooperation zwischen beiden Ländern setzten. Was damals auf die Studiengänge „Automotive Engineering“ und „Production Engineering“ beschränkt war, ist heute auf vier technische Studiengänge ausgedehnt. Seit 2001 haben über 700 Absolventinnen und Absolventen den deutschen und chinesischen Doppelmasterabschluss erlangt. Dass das Konzept aufgeht, beweisen die Werdegänge der Doppelmaster-Alumni. Sie sind gefragte Fachkräfte in Deutschland und China und haben häufig einschlägige Führungspositionen in Forschung und Industrie inne. Sie bauen Brücken zwischen beiden Ländern und tragen in dieser Verbindungsfunktion zur Stärkung der deutsch-chinesischen Wissenschaftskooperation bei. Als Mitglieder des Alumnifachnetzes für Ingenieurwesen, DCHAN Engineering, sind viele zudem aktiv am Aufbau eines deutschlandweiten fachlichen Expertennetzwerkes mit Chinabezug beteiligt.

Wie es zu dieser erfolgreichen Entwicklung kam und welche Perspektiven es für die Zukunft gibt, erklärt uns Peter Hartges, der seit 2003 China-Koordinator in der Abteilung für Internationale Hochschulbeziehungen der RWTH Aachen ist. Der gelernte Politologe und Volkswirt hat die Kooperation mit der Tsinghua Universität China von den Anfängen an betreut. Kooperationserfahrung mit China hatte er zuvor u.a. als Geschäftsführer einer chinesischen Handelsgesellschaft in Aachen gesammelt.

Herr Hartges, was war ausschlaggebend für die Gründung des RWTH-Tsinghua Doppelmaster-Programms?

Das deutsch-chinesische Hochschulprojekt RWTH-Tsinghua wurde auf der Grundlage des im Oktober 1999 von der Bundesministerin für Bildung und Forschung, Frau Edelgard Bulmahn, und ihrem chinesischen Pendant, Frau Chen Zhili, unterzeichneten Besprechungsprotokolls ins Leben gerufen. Die beiden Hochschulen wurden von den Ministerinnen gewählt, weil sie zu den besten technischen Hochschulen in Deutschland bzw. China gehören und beide eine langjährige Partnerschaft verbindet (der erste Vertrag wurde bereits 1981 abgeschlossen). Im Februar 2001 wurde von beiden Hochschulen ein Memorandum über die Einrichtung gemeinsamer Studiengänge in den Fächern „Production Engineering“ und „Automotive Engineering“ verabschiedet. In der Gründungssitzung des Lenkungsausschusses, in dem das Bundeministerium für Bildung und Forschung (BMBF), der DAAD, das Ministerium für Kultur und Wissenschaft des Landes Nordrhein-Westfalen, der Verein Deutscher Ingenieure, das chinesische Erziehungsministerium und das Chinese Scholarship Council sowie die beteiligten Hochschulen vertreten sind, wurde das Projekt 2001 als „zukunftsweisendes Modellvorhaben“ bezeichnet, „das für die Entwicklung der Hochschulbeziehungen zwischen beiden Ländern beispielhaft sein kann“.

Wie gestaltete sich die Umsetzung dieses Pilotprogramms?

Zu Beginn des Programms waren die Austauschzahlen sehr unausgeglichen. Das Interesse auf chinesischer Seite war viel höher als auf deutscher. Dies war der Tatsache geschuldet, dass das englischsprachige Kursangebot an der Tsinghua Universität sehr begrenzt und daher eine Teilnahme für RWTH Diplom-Studierende wenig attraktiv war. Im Laufe der Jahre verbesserte sich das Angebot, bis ab 2007 die Zahl der RWTH-Master-Studierenden die der Tsinghua überstieg. Weitere Schwierigkeiten ergaben sich dadurch, dass die ursprüngliche Stipendienvergabe für Master-Studierende der Tsinghua durch den DAAD schrittweise reduziert und 2016 ganz eingestellt wurde.

Inwiefern profitieren die Hochschulen von dem Doppelmaster-Programm und welche Rolle spielen die Alumni?

Heute arbeiten zahlreiche Absolventinnen und Absolventen bei marktführenden Unternehmen der Fahrzeug- und Maschinenbaubranche in China und Deutschland, wie zum Beispiel bei Continental, Volkswagen, Audi, Daimler und Bosch. Über Alumnitreffen und andere fachliche Angebote, seit zwei Jahren auch im Rahmen von DCHAN Engineering, werden regelmäßige Anreize gegeben, in Kontakt mit uns zu bleiben bzw. zu treten. So profitieren beide Hochschulen von entsprechenden Industrieprojekten. Außerdem sind Alumni natürlich die beste Werbung für das Doppel-Master-Programm. Dies beginnt schon ganz früh nach der Rückkehr aus dem Gastland, wenn sie z.B. zur Promotion an die RWTH Aachen zurückkehren und ihre wissenschaftlichen Hilfskräfte und Studierende auf das Programm aufmerksam machen.

Wie sehen Sie die Zukunftsperspektiven für das Programm?

Durch die intensiven Wirtschaftsbeziehungen zwischen China und Deutschland steigt die Nachfrage nach gut ausgebildeten Ingenieurinnen und Ingenieuren, die in beiden Kulturen erfahren sind. Diese steigende Nachfrage wird durch das Doppelmaster-Programm auf ideale Weise bedient, u.a. durch die Aufnahme weiterer Tsinghua Fachbereiche (Mechanical Engineering, Energy and Power Engineering) in das Programm. Mit dem Doppelmaster-Programm leisten wir also einen wichtigen Beitrag für die deutsch-chinesische Wissenschaftskooperation. Gleichzeitig mangelt es jedoch an Stipendien und an der Bereitschaft der deutschen Industrie zur Vergabe von Stipendien an Teilnehmende von der Tsinghua. Um von dem Programm auch langfristig profitieren zu können, bemühen wir uns derzeit verstärkt um die nachhaltige Gewinnung von Industriestipendien. Mit der Gründung des DCHAN Engineering Alumnifachnetzes, d.h. der Vernetzung auch mit weiteren Expertinnen und Experten, Alumni und Alumnae und Stakeholdern aus Deutschland und China, haben wir hierfür einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung geleistet.

Weitere Informationen zum Fachnetz DCHAN Engineering

Lesen Sie auch den Bericht der letzten Veranstaltung „DCHAN-Engineering Workshop at BMW-Brilliance Automotive“ in Shenyang.

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